Zugzielanzeiger
oder auch
"Hampelmann"
Historie
Mit zunehmenden Bahnverkehr im 19. Jahrhundert wuchs auch das Bedürfnis der Reisenden klar erkennen zu können, von welchem Bahnsteig ihr Zug abfahren sollte. Da noch keine elektrisch beleuchteten Anzeigetafeln möglich waren, entwickelte man rein mechanische Zugzielanzeiger. Dabei wurden Tafeln mit dem Zugziel in die Waagrechte hochgeklappt und über Stangen in dieser Position gesichert. Die Tafeln waren in einem Gestell untergbracht und ruhten normalerweise in einer senkrecht hängenden Position. Die Ausführungen waren offensichtlich nicht genormt, sodass es eine Vielfallt von Konstruktionen gab. Bis in die 1990er Jahre waren solche Anzeiger in Betrieb, z.B. im Bahnhof Herzberg. Durch ihre Eigenart, durch Ziehen an einer Stange die Anzeiger (Arme) zu heben, erhielten die Zugzielanzeiger im Volksmund den Namen "Hampelmann".
Modell
Ein derartiger Anzeiger kann eine schöne Bereicherung für einen Bahnsteig sein, sofern man das Anlagenthema bis maximal Epoche III gestaltet. Leider habe ich für Spur1 im Handel kein Modell gefunden. Das Thema ist offensichtlich nicht für Stückzahlen geeignet, selbst nicht für Kleinsereinhersteller. Es ist aber der Vorteil des Maßstabs 1:32, solche Modelle in Eigenbau zu erstellen - dann natürlich auch funktionfähig!
Funktionsmodell Zugzielanzeiger
Da es keine Dokumentation mit Maßangaben zum Original gibt (ich habe nach längerer Internet-Recherche zwar Bilder gefunden, aber kein Zeichnungen), mussten die Maße aus Bilddarstellungen in Realtion zu Personengrößen abgeleitet werden.
Die Masse orientieren sich an der Durchgangshöhe für Verkehrszeichen: Mindestdurchgangshöhe 2,40m; das entspricht im Modell bei 1:32 exakt 75mm. Diese Aufmasszeichnung gibt auch schon fast alle wesentlichen Abmessungen für den Bau aus Messing-Winkelprofilen 3x3mm wieder.
Hier die komplette Zeichnung inkl. der Messingröhrchen für die Zugstreben zu den Servoantrieben unterhalb der Anlage:
Die Zugzielflügel sind Teile aus dem 3D-Drucker (falls nicht verfügbar Flügel aus Messing oder Polystrol aussägen). 3D-Druck hat den Vorteil, auch Rahmen für das Schild und die Zugöse gleich mit abbilden zu können:
Ich habe mit SketchUp 2017 (Freeware) einen Flügel konstruiert und gespiegelt, um auf beiden Seiten einen Rahmen für das einzuklebende Schild zu haben.
Übrigens: macht Euch keine Sorgen über Kontruktionsdetails; es gibt im Downloadbereich alle Pläne in den Originalversionen zum Herunterladen und als Basis für Eure Modifikationen.
Die Schilder für die Flügel sind als zu druckende Fotos in CorelDraw erstellt, weil dort eine TrueType-Schrift namens "Bahnschrift" verfügbar ist. Geöffnet werden drw-Files auch mit LibreOffice (Freeware):
Im Download findet Ihr weitere Varianten.
Die Schilder wurden mit Paintbrush in einem Karton als "Spritzkabine" matt schwarz lackiert.
Aufbau Zugzielgerüst
Das Zugzielgerüst wird aus Messing-Winkelprofilen 3x3mm mittels Löten (Feinlötgerät sinnvoll) aufgebaut. Hier die wesentlichen Schritte. Die Technik ist auch beim Funktionsmodell Schranke detailliert beschrieben.
1. Schritt: Seitenrahmen
Zunächst werden die beiden Seitenrahmen erstellt. Eine Kupferplatte mit 3mm-Bohrung nimmt die Achse für die Zugzielflügel auf:
2. Schritt: Seitenrahmen justieren
Dann werden die Flügel - hier acht Stück - mit jeweils eine Unterlegscheibe dazwischen auf einer M3-Gewindestange aufgesteckt und mit den Seitenrahmen verschraubt; so erhält man den richtigen Abstand und die Länge der Gewindestange, in diesem Fall 35mm:
Die Flügel werden wieder entfernt. Mit Hilfe der Gewindestand werden die Rahmen parallel ausgerichtet und die Sockelprofile verlötet.
3.Schritt: Gestell vervollständigen
Nach dem Justieren und Verbinden der Seitenteile werden die restlichen Profile eingelötet. Die waagerechten L-Profile erhalten mit der Minifräse Schlitze zum Einlöten der Messingröhren für die Zugstangen. Auf dem engen Raum sind alle 8 Zugschilder nicht fernbedienbar, aber für jede Seite zwei Schilder können sicher realisiert werden.
4. Schritt: Röhren für Zugdrähte
Die Zugdrähte werden in 2mm-Messingrohr geführt. Die Länge unterhalb des Gestells richtet sich nach den Anlagengegebenheiten. Anschliessen wird das Gestell grundiert (Primer aus der Sprühdose) und matt dunkelgrau lackiert (Paintbrush):
Das Dach, bestehend aus zwei Polystrol-Platten 40x21mm und einem Stück L-Profil, wird erst nach dem Einbau in die Anlage aufgeklebt und eingefärbt. Dies erleichtert das Einhängen der Zugdrähte und die Justierung der Servos.
Servo-Rahmen
Die Zugschilder sollen fernbedienbar sein, am einfachsten mit Modellbau-Servos zu realisieren. Die Anordnung der Servos unter der Anlage erfolgt in einem Rahmen aus Kunststoffprofilen (Baumarkt-Ware), der sich natürlich nach der Größe der Servos richten muss. Ich habe Mini-Servos verwendet, aber die Auswahl ist unkritisch. Es sind keine nennenswerten Stellkräfte erforderlich.
Zugzielanzeiger auf dem Bahnsteig
Fertig eingebaut ist der Zugzielanzeiger ein bereicherndes Funktionsmodell auf dem Bahnsteig. Als Dekoder für die vier Servos dient ein ESU Switch-Pilot Servo. Die Stellbefehle kommen vom Gleisbildstellwerk, realisert mit Traincontroller. Adressbereich ist 229 bis 232, auch stellbar direkt mit der Intellibox - aber das muss sich natürlich nach Eurer Steuerungstechnik richten.
Hier zwei Zustände als Beispiel:
Im Download-Bereich findet Ihr alle Dateien für den Nachbau mit den original CAD-Files, damit Ihr ggfs Anpassungen und Änderungen vornehmen könnt.
Ich habe meinerseits den Zugzielflügel überarbeitet: die kleinen Stelldrahtösen an den Flügeln neigten zum Abbrechen. Die Stellarme sind jetzt verstärkt ausgeführt und nur noch so im aktuellen Download enthalten. Die alten Varianten habe ich entfernt.
Aufbau und Funktion könnt Ihr Euch auch in meiner Video-Gallery ansehen.